
»Markus Poschner beschritt bei seinen Interpretationeneinen anderen Weg. Schon bei der Ouvertüre zum ›Zigeunerbaron‹ wurde klar, dass es hier nicht umbloße Unterhaltungsmusik gehen wird, dass Strauss nicht ausschließlich walzerselige Tanzmusik bedeuten würde, sondern dass gerade in diesen orchestralen Meisterwerken eine symphonische Dimension zu entdecken ist. Eine Qualität dieser Musik, die meist der aufs Tanzen reduzierten Funktion zum Opfer fällt oder zumindest in den Hintergrund geschoben wird. Mit großer Akribie verfolgte man diesen Ansatz, der instrumentale Virtuosität und absolute Perfektion im Zusammenspiel verlangt, und zeigte eine ganz andere – durchaus dramatischere – Seite der Wiener Walzerkönige. Ebenso anders und manchmal gefährlich am Kippen zelebriert war eine sehr frei eingesetzte Gestaltung des Tempos, das immer wieder absolut stimmig ins Schwanken geriet. Momente der harmonischen Auflösung waren unendlich verzögert oder das Tempo nicht nur – wie etwa beim ›Accellerationen‹-Walzer – zu Beginn einer Phrase gesteigert. Walzer, die so kaum zu tanzen wären, aber dafür ungemein an Charakter und musikalischer Tiefe gewannen.«
Michael Wruss
Oberösterreichische Nachrichten, 03.01.2022
Foto: Reinhard Winkler | Fotos Neujahrskonzert 2022