»Ein Hoch aufs Blech. Am Wochenende setzte die Dresdner Philharmonie unter Stabführung von Markus Poschner auf zwei recht spezielle Werke. Zunächst wurde Stefan Heuckes Concerto grosso Nr. 1 für Tubaquartett und Orchester uraufgeführt. Nach der Pause erklang, ohne Tuba zwar, aber mit starken Momenten für andere Blechbläser wie die Hörner und Trompeten, Bruckners Sinfonie Nr. 3 d-Moll in der ersten Fassung von 1873.

Stefan Heucke, Jahrgang 1959, hat sein Concerto unter anderem im Dresdner Auftrag geschrieben. Der Bochumer ist eine markante Figur im Kreis der zeitgenössischen Komponisten. Zu seinen Werken zählen die ambitionierte Oper ›Das Frauenorchester von Auschwitz‹ und eine Chorsonate zum Gedenken an die vom Naziregime ermordeten Homosexuellen. Hier nun gibt er mit der Tuba einem Instrument Spielraum, das erst spät in die sinfonische Bläserfamilie aufgenommen wurde und bis heute nur selten exklusiv zum Einsatz kommt. Die dreisätzige Komposition mischt in dezenter, abwechslungsreicher Art die Stimmen der F-Tuben mit der noch profunderen B-Tuba und dem kleineren Euphonium. Der Kopfsatz variiert das Choralthema ›Nun bitten wir den heiligen Geist‹ und changiert von gemessener Feierlichkeit über kraftvolle Eruptionen bis hin zu ruhigem, fast meditativem Fluss. Einem vitalen Scherzo schließt sich als Finale eine Passacaglia an, in der sich schöne Kontraste zwischen hellen Violingespinsten und dem schweren Klangtuch der Tuben ergeben. Das seit 30 Jahren bestehende Melton Tuba Quartett vereint mit dem Dresdner Jörg Wachsmuth, Ulrich Haas, Hartmut Müller und Heiko Triebener Tubisten aus vier großen Orchestern. Sie überzeugten das Publikum dann auch mit der launigen Ouvertüre zu Rossinis ›Wilhelm Tell‹ als Zugabe.

Bruckners Dritte existiert in drei Versionen, wobei die dritte von 1889 mit Abstand am häufigsten gespielt wird. Erst mit dieser um mehr als 400 Takte kürzeren Fassung, in der ein Großteil der deutlichen Wagner-Zitate getilgt sind, mit denen sich Bruckner ursprünglich bei ›dem unerreichbaren, weltberühmten und erhabenen Meister … in tiefster Ehrfurcht‹ angebiedert hatte, kam der Erfolg. Die Fassung von 1873 wurde von den Wiener Philharmonikern als ›Unsinn‹ abgelehnt, und selbst die bereits gestraffte zweite Version von 1877 fiel in Wien noch mit Pauken und Trompeten durch. Jüngere CD-Einspielungen der Urfassung, etwa von Simone Young oder Kent Nagano, und nun auch Poschners Interpretation mit der Dresdner Philharmonie zeigen aber, welch Gedankenreichtum und was für Spannung in diesem opulenten, noch etwas unausgewogenen ersten Wurf stecken.

Markus Poschner führte das Orchester mit ruhiger und bestimmter Hand, zeichnete in der ihm eigenen unaufgeregten Art ein breitwandiges, detailreiches Bild, ließ die Klangströme geordnet mäandern, gab den Bläsern Luft zum Atmen und achtete darauf, dass Bruckners ungestüme Ballungen nie zu pompös und dick daherkamen. Auch wenn der Komponist hier noch nicht seinen Zenit erreichte, ist dies ein interessantes Werk, das im Kulturpalast nach dem wunderbar kantig ausgespielten Schluss eine Menge Wohlwollen erntete.«

Jens-Uwe Sommerschuh
Sächsische Zeitung, Feuilleton, 4.12.2017